Von Birmingham ging es es dann weiter nach Muscle Shoals. Wenn man sich nicht gerade verfährt, so wie wir, sind es von Birmingham aus knappe zwei Stunden Fahrt.
Zum Glück ist unser Fahrer Brian zu früh vom Highway abgefahren und so sind wir Überland durch Alabama.
Es war ein bisschen wie Überland in Paraguay oder Neuseeland. Unendliche Weiten, nur alle paar Kilometer eine kleine Farm und über allem der strahlend blaue Himmel. Sweet Home Alabama - where the skies are so blue.
Muscle Shoals befindet sich im Nord - Westen von Alabama, kurz vor der Grenze zu Tennessee, und ist ein Zusammenschluss aus Sheffield, Muscle Shoals, Florence und Tuscumbia.Zum Glück ist unser Fahrer Brian zu früh vom Highway abgefahren und so sind wir Überland durch Alabama.
Es war ein bisschen wie Überland in Paraguay oder Neuseeland. Unendliche Weiten, nur alle paar Kilometer eine kleine Farm und über allem der strahlend blaue Himmel. Sweet Home Alabama - where the skies are so blue.
Trotz diesem Zusammenschluss ist Muscle Shoals so klein, dass man aufpassen muss nicht dran vorbei zu fahren.
Muscle Shoals ist eine typische amerikanische Kleinstadt, in der man das "richtige Amerika" findet. Nicht das Glitzer- TV - Amerika, sondern das einfache "southern living" und trotzdem ist Muscle Shoals so ganz anders. Auf seine ganz besondere Art cosmopolitisch. Hier wurde Musikgeschichte geschrieben, auch wenn viele vermutlich noch nie von Muscle Shoals gehört haben. Zumindest hier in Deutschland nicht.
Unser erster Halt in Muscle Shoals war die Alabama Music Hall of Fame. In der Hall of Fame werden verschiedene Artefakten von Künstlern ausgestellt, die entweder aus Alabama kommen, in Alabama wohnen oder Hits in Alabama produziert haben. Darunter Größen wie Lionel Richie, Nat King Cole oder auch andere Bekanntheiten aus Alabama.
American Idol hält unter anderen auch hier Auditions ab und viele Leute, die in den letzten Jahren unter die Top 10 gekommen sind, kommen aus Alabama. Irgendwas muss im Wasser des Tennessee - River sein. Vielleicht nennt man ihn deswegen auch "the singing river".
Das wirklich Schöne an unserem Tag in Muscle Shoals war aber die Tatsache, dass alles nur wegen uns aufgemacht hat. Wir waren an einem Sonntag in Muscle Shoals und Nordalabama ist sehr konservativ. Normalerweise ist deswegen alles geschlossen, auch in den größeren Städten wie Huntsville oder Birmingham. Aber auf dem Land, wo Jeder Jeden kennt, kann es möglich gemacht werden, dass man extra für eine einzige Gruppe kurz aufmacht. Ein großes Danke nochmal an alle, die hinter der Organisation dieser Reise standen!
Donnie Fritts |
Nach der Hall of Fame ging es dann zum Mittagsessen aufs Land. In dem kleinen Restaurant haben wir dann Donnie Fritts getroffen. Vielleicht bin ich doch etwas ungebildet, aber bis zu dem Moment hatte ich noch nie was von ihm gehört. Er ist in den USA wohl eine richtige Größe, also falls jemand schon mal was von ihm gehört hat - meldet euch bitte. Ich musste ihn erstmal googeln, dachte dann aber "KRASS, der hat ja richtig viel gemacht". Er wäre mit uns auch noch abends Essen gegangen, wenn er nicht anderweitig verabredet gewesen wäre. Wenn man so drüber nachdenkt, ist es schon mega cool, dass so eine Größe sich einfach zu einer Gruppen Touries an den Tisch setzt und mit denen quatscht als würde man sich schon Jahre lang kennen.
Nach dem Essen - es gab übrigens Alabama Chicken Salad und ich hätte nie gedacht,
dass die Kombi aus Hühnchen, Mayonnaise und Obst so gut schmecken kann- ging es dann zu den FAME Recording Studios. FAME steht für Florence Alabama Music Enterprises und steht aber in Muscle Shoals. Nur um die Verwirrung perfekt zu machen, stehen die Muscle Shoals Sound Studios in Sheffield.
Nun aber zurück zu den FAME Studios. In der Muscle Shoals Area waren diese Studios die Ersten oder zumindest eine der Ersten, mit Sicherheit sind es aber die Bekanntesten.
Hier haben Größen wie Aretha Franklin, Alisha Keith und viele mehr aufgenommen.
Ich dachte immer Tonstudios sind hochtechnisierte und irgendwie auch sterile Räume aber das von FAME und auch das von Muscle Shoals Sounds sind eher wie ein Wohnzimmer in den 60er Jahren. Uns wurde erzählt, dass man zum Einen versucht den Charme von damals zu behalten - FAME nutzt seine Räume immer noch, Muscle Shoals Sounds ist inzwischen ein Museum - und zum Anderen ist es schwer was zu verändern da das die komplette Akustik zerstören würde.
Stimmt schon, ich denke da an einen bestimmten Ort an dem die Akustik sehr bescheiden ist. Die, die mich kennen können sich denken wovon ich rede ;)
Natürlich sind die Mischpulte und Mikrophone auf dem aktuellen Stand.
Es war schon ziemlich in dem Tonstudio zu stehen und gesagt zu bekommen "An dem Klavier hat Alisha Keith diese Single aufgenommen", "Das Keyboard hat mal Stevie Wonder gehört, das haben wir geschenkt bekommen".
Was ich auch gelernt habe, dass einige Studiomusiker wohl keine Noten lesen können. Sie schreiben die Songs auf Zettel und notieren Zahlen dazu. Das kann ich wiederum nicht lesen.
Nach unserem Rundgang bei FAME ging es dann zu den Muscle Shoals Sound Studios. Hier, am 3614 Jackson Highway, hat zum Beispiel Cher ihr gleichnamiges Album aufgenommen. Ist leider gefloppt, vielleicht kennt es ja trotzdem jemand.
Auch die Rolling Stones waren hier. Damals, Ende der 60er, waren sie auf Tournee in den Staaten und hätten eigentlich gar nicht Recorden dürfen, da sie nur ein Tour- Visum hatten. Aber einen Rockstar interessiert das natürlich nicht. Also haben sie hier, Mitten im Nichts, sogar 3 Songs in drei Tagen geschafft. Klingt nicht viel? Für die Stones war das sogar sehr viel. Normalerweise haben sie für einen Song drei Tage gebraucht. Aber damals war Colbert Country noch ein Dry County und so gab es keinen Alkohol für die Stones. Es erinnert etwas an den kürzesten Musikerwitz der Welt "Geht ein Musiker an einer Bar vorbei".
In diesem drei Tagen wurden dann die späteren Hits Brown Sugar, You Gotta Move und Wild Horse geschrieben. Veröffentlicht wurden die Songs aber erst ein oder zwei Jahre später; wegen der Sache mit dem Visum.
Die letzten zwei Zeilen von Wild Horse hat Keith Richards auf dem stillen Örtchen geschrieben. Wenn genau dort die Inspiration zuschlägt, warum nicht?
Genau dieses Örtchen musste von uns allen vor Abfahrt nochmal besucht werden. Sei es nun aus natürlichen Gründen oder aus nostalgischen Gründen (ich bin für letzteren zu jung).
Von großen Musiker, zu einer anderen großen Geschichte von Heimat: Tom's Wall.
Um 1830 wurden die Ureinwohner Amerikas auf ziemlich brutale Weise in Reservate vertrieben. Von dem fruchtbaren Süd- Osten in das eher karge Oklahoma. Dieser Weg wird auch Trail of Tears genannt.
Unter diesen Indianern war auch die Ur- Ur- Oma von Tom Hendrix. Diese ging diesen Weg sogar zweimal.
In Oklahoma litt sie unter schrecklichem Heimweh, weil die Gewässer dort nicht mit ihr sprachen. Sie vermisste ihren "singing Tennessee River". Aus diesem Grund entschied sie sich zurück nach Alabama zu gehen. Zu Fuß. Jetzt ist Oklahoma nicht unbedingt um die Ecke von Alabama. Ich halte das allein schon für beeindruckend. Sie kam auch tatsächlich irgendwann wieder "zu Hause" an. Ganz ohne Karten, Kompass oder GPS, nur mit dem was sie über die Himmelsrichtungen und Sterne wusste. Und ich finde meinen Weg teilweise nicht mal mit Google Maps.
Was aber mindestens genauso so beeindruckend ist, ist das Tom Hendrix für eine Ur-Ur- Oma mit den bloßen Händen eine Mauer gebaut hat. Stein für Stein. Jeder Stein steht für einen Schritt. Und die hat er auch zweimal gebaut.
Irgendwann haben Indianer von seinem Bauvorhaben mitbekommen und haben ihm einen Besuch abgestattet. Sie kamen nach der Besichtigung zum Schluss, dass dies durchaus ein spiritueller Ort sei. Er müsse allerdings ein paar Anpassungen vornehmen. Also baute er die Mauer nochmal ab und wieder auf.
Als die Indianer wieder kamen, genau das gleiche. Etwas passte noch nicht und er musste es nochmal neu bauen.
Schon allein dafür verdient Tom Hendrix Respekt. Nicht viele würden eine Steinwand mehrmals aufbauen. Ich auch nicht, die hätten bei mir vermutlich schon beim ersten Mal den Vogel gezeigt bekommen.
Eine Sache haben die Indianer allerdings selbst verändert. Sie haben einige Steine ausgetauscht und so durch andere Steine ersetzt, die Gesichter haben. Diese Steine stehen stellvertretend für die vielen anderen Indianer, die vertrieben wurden.
Tom starb im Frühjahr 2017, nun wird die Geschichte von seinem Sohn weiter erzählt. Dieser hat sich allerdings dazu entschieden nicht an der Mauer weiter zu bauen, denn er hätte auch nicht die Geduld aufgebracht, die Mauer zweimal wieder aufzubauen. Hier könnt ihr euch von Tom die Geschichte anhören.
Den Abend haben wir dann in einem Diner mit Livemusik von Maxwell Russell und Fried Green Tomatoes ausklingen lassen.
So stellt man sich "the southern live" vor. Viel authentischer hätte dieser Tag vermutlich nicht enden können.
Auch hier war es keine Selbstverständlichkeit, dass ein Musiker anwesend war. Wie schon erwähnt, war Sonntag und der ist in den Südstaaten heilig. In Colbert County gilt Sonntags auch immer noch das Alkoholverbot.
Schon gigantisch was extra für "the group from Germany, Austria, Switzerland and the kingdom of Bavaria" organisiert wurde.
das Gartenhaus, in dem Anne und Helen zwei Wochen verbrachen |
Haus der Familie Keller |
So ein kleiner Ort und so viele Persönlichkeiten.
Helen Keller war die erste taubblinde Person, die einen Uniabschluss errungen hat.
Im Alter von 19 Monaten erkrankte sie an einer Hirnhautentzündung und von dort an wurde die Welt für sie dunkel und stumm.
Doch dank großartiger Eltern, die ihr Kind nicht einfach aufgeben wollten und alles taten um ihrer Tochter zu helfen, trat Anne Sullivan in ihr Leben. Für die Zeit um 1880 sicher keine Selbstverständlichkeit.
Helen war zu diesem Zeitpunkt 5 Jahre alt und leider ein sehr wildes Kind. Sie aß einfach von den Tellern der anderen Familienmitglieder, war außer Rand und Band. Nun, ich wüsste auch nicht, wie ich Zugang zu einem Kind finden soll, dass mich weder hören noch sehen kann.
Anne Sullivan verbrachte dann zwei Wochen mit Helen im Gartenhaus der Familie, getrennt von Helens Eltern. In diesen zwei Wochen brachte sie Helen zuerst recht erfolgreich bei wie man an einem Tisch sitzt und mit Besteck ist. Sie versuchte dort bereits auch Helen das Fingeralphabet beizubringen. Helen hielt das für ein Spiel und buchstabierte auch die Wörter nach, aber sie fand noch keinen Zusammenhang zwischen den Wörtern und Gegenständen.
Dieser Durchbruch kam erst später, als Anne und Helen im Garten an der Wasserpumpe standen und Anne versuchte Helen das Wort "Wasser" verständlich zu machen.
An der Wasserpumpe erinnerte sich Helen dann an Wasser wie das dieses über ihre Hände floss. Sie verstand, dass alles einen Namen hat.
Später lernte Helen dann sprechen -ohne je bewusst gehört zu haben- und ging nach Radcliffe und machte dort ihren Bachelor. Sie erlernte sogar verschiedene Fremdsprachen, darunter Deutsch. Sie setzte sich später für Menschenrechte ein, war politisch aktiv, schrieb Bücher.
Da kann man als normal gesunder Mensch nur staunen. Es ist aber auch der perfekte Beispiel dafür, dass man alles schaffen kann wenn man nur möchte.
Nach Helen Kellers Haus ging es dann nach Huntsville, aber dazu dann nächste Woche mehr. Ich kann nur Jedem empfehlen auch einen Abstecher nach Muscle Shoals zu machen, wenn man mal in der Ecke ist. Ein kleines, unscheinbares Südstaatennest, das aber alles andere als verschlafen ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen